Falls Du Teil 1 noch nicht gelesen hast, hole das doch direkt einmal nach, damit Du im Bilde bist.

Als großer Bewunderer von klassischen Flügeln löste die Idee, einen solchen selbst bauen zu können, einen wahren Begeisterungssturm in mir aus. Seit einiger Zeit besitze ich einen echten, akustischen Flügel und träume nicht erst seit dem davon, mich einfach mehr mit dessen Mechanik zu beschäftigen. Aber ich bin halt kein Klavierbauer. Dass dann jemand im Internet ein 3D Druck Modell veröffentlicht hat, das ein sog. Grand Piano originalgetreu und somit voll funktionsfähig abbildet, kam daher wie ein Schicksalsruf.

Und nun schließe ich direkt an mit der Antwort auf die Frage nach diesem ominösen “Vorprojekt”. Denn wie es der Titel bereits verrät: Mein Ziel ist es, einen voll funktionsfähigen Flügel zu bauen – mit Hilfe meines 3D Druckers und diesem unfassbar detailgetreuen Model von Mechanics. Warum also lange aufhalten mit einem anderen Projekt und nicht einfach mit dem hier loslegen?

Die Antwort ergibt sich aus einer Kleinigkeit, die einem beim Studium des Assembly Guides sofort ins Auge springt: Neben unzähligen Schrauben, die den Flügel letztlich zusammenhalten, werden nicht weniger als 146 Metallstifte und -Stäbe benötigt, die überall im Modell zum Einsatz kommen. Alleine für die Hammermechanik und den daran beteiligten Teilen kommen 51 jeweils 8,7mm lange Metallstifte zum Einsatz mit einem Durchmesser von 1,5mm. Gekauft werden zwei jeweils 200mm lange Stäbe, die dann in viele, kleine Stifte zersägt werden wollen. Achja… und die Enden bekommen jeweils noch eine Fase – werden also abgeschrägt.

Tools als Unterstützung für mein Vorhaben

Das ist unfassbar viel Arbeit. Mit z.B. einem Dremel. Und weil sich Dan, der Designer dieses Modells, dessen nicht nur bewusst war, sondern auch wenig Lust darauf hatte, hat er als Ingenieur eine Lösung konstruiert:

Meine neue Gehrungssäge für den Dremel

Die Idee ist es, das Du Deinen Dremel einfach auf die Halterung legst, darauf arretierst und die Auflage für die Stäbe so justierst, dass Du sie in immer gleich lange Stifte zersägen kannst. Der Dremel kann nach Lösen des Sicherungsmechanismus einfach in einer Kreisbewegung nach unten geführt werden und federt auch alleine wieder zurück in die Ausgangsposition. Möglich machen das zwei – ebenfalls gedruckte – Torsionsfedern. Die Halterung dreht sich dabei um vier darin versenkte Kugellager und das gesamte Modell ist maximal modular konstruiert.

Die meisten Schrauben hatte ich da; mir fehlten lediglich die M3x40 Innensechskantschrauben zum Arretieren des Dremels. Ansonsten musste ich nur die Kugellager dazukaufen – in den benötigten Größen hatte ich ebenfalls keine da.

Für den Druck habe ich folgende Filamente verwendet:

UPDATE 15.03.2023
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Ich war verblüfft, wie gut die Federn funktionieren. Diese Form der mechanischen Konstruktion aus dem 3D Drucker kannte ich noch gar nicht. Die Bedienung des Dremels wird so enorm erleichtert.

Torsionsfedern aus PETG

Das Modell hat Dan übrigens kostenlos zum Download bereitgestellt. Sprich: Selbst wenn Du nicht schon auf die Idee gekommen bist, den Flügel ebenfalls zu bauen, aber für das ein oder andere Projekt öfter mal den Dremel einsetzt und schon immer so eine Gehrungssäge dafür haben wolltest: Dies ist Deine Chance!

Du findest die Dateien hier: 3D Printable Dremel Mitre Saw Fixture by Dan (myminifactory.com)

Die benötigten Teile für dieses Modell und auch ein Video bei YouTube, in dem Dan den Zusammenbau zeigt, sind unter “Printing Details” auf der Produktseite verlinkt.

Strategien für ein zu kleines Druckbett

Übrigens: Während das Flügel-Model komplett auch mit kleineren 3D Druckern umsetzbar ist, braucht man für die Basisplatte der Gehrungssäge ein etwas größeres Druckbett oder muss sich die Datei selbst noch etwas anpassen. Auf das 210x210mm Druckbett meines AnyCubic i3 Mega passte es leider nicht. Ein guter Freund von mir war so nett und hat sie mir mit seinem Drucker hergestellt.

Quelle: Grand Piano Assembly Guide

Beim Flügel hat Dan bewusst darauf geachtet im Zweifel zwei Varianten anzubieten: Teile, die insgesamt sehr groß sind gibt es als Einzelteile für Drucker mit entsprechend großem Druckbett und gleichzeitig in einer Variante, in der er sie zerlegt hat. Der Clou: Insbesondere bei sichtbaren Elementen wie bspw. dem Korpus, hat er sie nicht einfach senkrecht zerteilt, sondern mit Absicht z.B. mit geschwungenen Linien, um so aus der Not geboren wunderschöne Designelemente zu machen.

In der Zwischenzeit bin ich dazu gekommen, die ersten Teile zu drucken, während sich noch jede Menge Material und Filament im Zulauf befindet.

Die ersten Tasten

Zu den Tasten gibt es in den nächsten Tagen noch mehr zu erzählen und zu zeigen. Ich selbst bin mega begeistert, wie sie aus dem Drucker kommen. Zum Einsatz kommt hier das NX2 weiß von extrudr (Amazon Link) und NX2 schwarz – ebenfalls von extrudr (Amazon Link) – für die Halbtöne. Zwar habe ich noch nicht die passenden Innensechskantschrauben, dafür aber andere ebenfalls passende M2x6 Schrauben. Somit konnte ich schon mal die Gewinde testen und ein Gefühl dafür bekommen, wie es später fertig aussehen wird.

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Ein perfektes Tastengefühl

Direkt beim ersten Testdruck hatte ich darüber hinaus die Idee, die Oberflächen der Tasten mit dem Cura-Feature “Ironing” zu glätten. Das Ergebnis hat mich umgehauen! Leider geben die Bilder das nicht her, aber Du wärst genauso begeistert wie ich, wenn Du so eine Taste in die Hand nehmen würdest!

Wie ein 3D Druck funktioniert, ist Dir sicher klar: Der Druckkopf bewegt sich (im Falle meines AnyCubic i3 Mega) von links nach rechts (X-Achse) und das darunter liegende Druckbett von vorne nach hinten (Y-Achse). Dabei wird das Filament in Form eines aufgerollten Plastik-Fadens mit einem Durchmesser von 1,75mm mittels Zahnrad abgewickelt und durch einen Schlauch in den Druckkopf geschoben. Darin befindet sich ein Heizelement, das das Plastik bei etwa 200°C verflüssigt. Durch eine Düse mit einem Durchmesser von gerade mal 0.4mm wird das flüssige Plastik dann auf dem Druckbett verteilt. Dort wird es sofort heruntergekühlt und dabei wieder fest. Ist auf diese Weise eine Schicht fertig gedruckt, fährt der Druckkopf über Gewindestangen um ein winziges bisschen nach oben (Z-Achse) und druckt dann die nächste Schicht auf die bereits existierende.

Das Ironing nun macht folgendes: Auf der jeweils obersten Schicht des Modells fährt die heiße Düse noch einmal ohne direkten Kontakt über das bereits feste Filament (bei weiterhin hoher Temperatur) und glättet es dadurch. Also wie mit einem Bügeleisen – hence the name. Dabei können auch geringste Mengen neues Filament hinzugefügt werden, um kleinste Lücken zu schließen. Genial!

Taste in Nahaufnahme

Auf der Nahaufnahme ist zu erkennen, dass die Einstellungen des Drucker nicht perfekt sind: Es gibt scheinbar eine leichte “Überextrusion”, die an den Außenwänden zu erkennen ist. Statt also, dass dort vollkommen sauber eine Schicht über der anderen liegt und man die Linien entsprechend erkennen kann, ergibt sich ein leicht unregelmäßiges Muster.

Das Foto gibt es nicht her, aber wenn Du die Taste in der Hand halten und mit eigenen Augen betrachten würdest, bekämst Du den Eindruck einer natürlichen Holzmaserung, die weiß lackiert wurde. Du ahnst es bereits: Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, daran etwas zu ändern. 🙂

In der Zwischenzeit ist bereits eines der neuen Filamente angekommen: ERYONE Silk Copper (Amazon Link). Und ich habe mir auch schon etwas ausgesucht, was ich damit drucken möchte.

Was, das siehst Du im nächsten Teil!

1 comment on “[3D-Druck] Ich drucke mir einen Flügel – Teil 2”

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